Die Geschichte des Schützenvereins

1861 Herborn e.V.

Das Schützenwesen gehört zu den gesellschaftlichen Erscheinungen, deren Wurzeln tief hinein in die Kulturgeschichte Europas reichen.
Unter Schützen in unserem Sinne verstehen wir Menschen, die einem friedlichen Broterwerb nachgehen und sich in der Freizeit an Sportwaffen üben.
Der Herborner Schützenverein von 1861 war damals und künftig ein Schießsportverein, der politisch nicht in Erscheinung trat.
Die Mitbürger schätzten ihn, weil er Veranstaltungen nach Herborn brachte und 1905 sogar sein Schützenhaus am Homberg als Ausflugsgaststätte für das Publikum öffnete.

Schützenhaus auf dem Homberg, um 1905

Ein Besuch dort lohnte sich immer und versprach Abwechslung und Kurzweil, auch weil sich im Jahr 1923 der gleichnamige Tennisclub Herborn aus dem Schützenverein gründete und unterhalb des alten Schützenhauses zwei Tennisplätze baute, die bis in die 60er Jahre bespielt wurden.

Im Jahr 2011 fällt mit dem 150-jährigen Jubiläum des Deutschen Schützenbundes auch das 150-jährige Jubiläum des Herborner Schützenvereins zusammen.

So war es am 27. April des Jahres 1861 der Druckereibesitzer Johann Martin Beck, der die Schützen in Herborn zu einem Verein zusammenführte.

Gruppenfoto der Gründungsmitglieder, Aufnahme um 1870

Neben den ersten Erwähnungen im „Amtsblatt für die Ämter Herborn und Rennerod“ aus dem Jahre 1863 wissen wir noch mit Sicherheit, dass mit dem Feuer-Stutzen und mit der Schützenbüchse das Scheiben- und Feldschießen auf die Entfernungen 100, 175 und 300m getätigt wurde.
Zu diesem Zweck waren Scheibenstände im Homberg in östlicher Richtung erbaut, nämlich dort, wo in den 1930er Jahren das Schützenhaus errichtet wurde und wo sich auch noch heute die Schießstände befinden.

Schießstand der Kleinkaliberschützen um 1930

Doch die Wurzeln reichen noch viel weiter zurück, bis in das Jahr 1485.
Bereits in dieser Zeit gab es in unserer Stadt Schützen, die zusammen mit dem Corps der Herborner Bürger die Aufrechterhaltung der Ordnung in mancherlei Fällen besorgten, und zwar an Stelle einer fehlenden Soldaten-Garnison.
Bürger und Schützen wachten an den Stadttoren und auf öffentlichen Märkten. Diese Schützen waren mit besonderen Eidespflichten bei Leib und Leben der Herrschaft verpflichtet.
Sie hatten einen besonderen Schützenmeister und waren strengen Gesetzen unterworfen, eben darum aber auch allgemein sehr geachtet. Jährlich hielten sie ein feierliches Schießen ab und mussten sich auch mehrmals im Jahr an bestimmten Tagen zum Üben versammeln. Im Jahre 1711 fand ein großes Schießen an drei Tagen statt, und zwar auf dem Parade- und Versammlungsplatz der Schützen „auf einer schönen Ebene an der Straße nach Sinn“, dem noch heute so benannten Schießplatz.

Obwohl uns heute nichts mehr darüber bekannt ist, ob es zu jener Zeit einen eigenständigen Verein, eine Gilde oder eine Gesellschaft der Herborner Schützen gegeben hat, so darf man doch die Entstehung des Schützenwesens in dieser Zeit sehen, wahrscheinlich aber noch früher.
Denn seit 1251 ist Herborn eine Stadt, ein Marktflecken - und die Schützen waren es, die über die Ordnung auf den Märkten wachten, sowie auch, wie bereits erwähnt, über die Ein- und Ausgänge zur und von der Stadt.

Nicht mehr können wir aus der Zeit der Anfänge des Vereins sagen, welche Erfolge die Herborner Schützen bei Wettschießen mit anderen Vereinen erringen konnten, aber wir wissen, dass alljährlich, wie auch heute, der Schützenkönig ermittelt wurde und dieser, mit der Schützenkette geschmückt, der Mittelpunkt eines geselligen Festes war, das die Schützen mit Angehörigen und Freunden zusammenführte.

Im Jahre 1945 musste sich der Verein infolge des Kontrollratsbeschlusses von 1945 aufzulösen, da Schießen als Sportausübung verboten war.

Damit wäre die Vereinsgeschichte des Schützenvereins 1861 Herborn e.V. eigentlich schon zu Ende.
Aber: ebenso bewegt wie die Zeitverhältnisse waren, ist auch die Geschichte des Vereins gewesen.

Auch musste in 1945 die traurige Bilanz gezogen werden, dass ein erheblicher Teil der Schützenbrüder im 2. Weltkrieg gefallen oder vermisst war, die Schießstände zerstört oder beschlagnahmt waren, der Verein mitsamt seinem Vermögen liquidiert und das Sportschießen nicht mehr erlaubt war.

Es war in jener Zeit schon unsagbar schwer, Verständnis für die Absicht, das Schießen wieder als Sport zu betreiben, zu gewinnen.

1951 wagte der Vorstand mit Heinrich Stumpf und später Joachim Baldus als 1. Vorsitzenden ein groß angelegtes Preisschießen, das zu einem vollen Erfolg wurde.
Bald darauf wurden im damaligen Dillkreis weitere Schützenvereine gegründet.
Der Hessische Schützenverband entstand wieder, ebenso wurde aus einer „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schützenverbände“ der von Tradition getragene „Deutsche Schützenbund“.

1952 wurde das Kleinkaliberschießen wieder erlaubt. Paul Rink und Kurt Jungels wurden vom Hessischen Schützenverband in die Olympia-Vorbereitungen eingebunden.

Die Schützengilde Herborn veranstaltete 1952 ein weiteres großes Preisschießen mit dem Hintergrundgedanken, die beschlagnahmte Schützenhalle am Schützenhaus und damit das Gelände der gesamten KK-Schießanlage in Besitz zu bekommen.
Unvergessen die erste Hauptversammlung des wieder erstandenen „Schützenvereins 1861 Herborn“ im Mai 1956.
An jenem Abend wurde eine neue Satzung einstimmig verabschiedet und unter den Namen des geschäftsführenden Vorstands Moritz Nix und Paul Rink in das Vereinsregister am Amtsgericht Herborn eingetragen.